Die Bundesregierung hat Vorschläge für eine Abschöpfung von Strommarkterlösen u.a. für Bioenergieanlagen vorgelegt. Im Gegensatz zu den im Oktober bekannt gewordenen Überlegungen des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) wird die Höhe der Obergrenze, ab der ein Bioenergieanlagenbetreiber nahezu alle aus der Stromproduktion erzielten Erlöse abgeben muss, offengelassen. Eine rückwirkende Abschöpfung ist jedoch weiterhin vorgesehen, auch wenn deren Beginn von März auf September 2022 verschoben werden soll. Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie, kommentiert:
„Die Vorschläge der Bundesregierung lassen die entscheidende Frage offen: Wie viel der Strommarkterlöse darf ein Anlagenbetreiber behalten? In den letzten Jahren sind die Kosten für technische Komponenten und Betriebsstoffe stark gestiegen und insbesondere seit Beginn des Ukrainekriegs kam es zu weiteren starken Preissteigerungen bei landwirtschaftlichen Rohstoffen und Holz. Bei den BMWK-Überlegungen war absehbar, dass die allermeisten Anlagen ihre gestiegenen Kosten nicht mehr decken könnten und ihre Stromerzeugung deutlich zurückfahren oder sogar den Betrieb vollständig einstellen würden. Damit würden gerade im kommenden Winter große Mengen des so dringend benötigten erneuerbaren Stroms und Wärme fehlen. Dass die Frage nach der Höhe der Obergrenze offengelassen wird, zeigt, dass die Bundesregierung sich in diesem Punkt nicht angreifbar machen möchte, aber nicht, dass der Bioenergiebranche die nötige Luft zum Atmen gelassen wird. Die Stromerzeugung aus Biomasse muss deshalb vollständig von der Erlösabschöpfung ausgenommen werden.
Daneben darf es auf keinen Fall zu einer rückwirkenden Abschöpfung von Erlösen kommen. Viele Anlagenbetreiber haben die gestiegenen Erlöse bereits reinvestiert und/oder zur Deckung gestiegener Betriebs- und Einsatzstoffkosten ausgegeben. Eine Rückwirkung wäre ein Vertrauensbruch erster Güte und würde die Investitionsbereitschaft der Bioenergiebranche für Jahre beeinträchtigen – die Energiewende würde noch weiter ins Stocken geraten. Bereits die Ankündigung einer rückwirkenden Abschöpfung im Oktober hat nach einer Umfrage des Fachverband Biogas e.V. dazu geführt, dass allein in der Biogasbranche Aufträge mit einem Investitionsvolumen von rund 400 Millionen Euro eingefroren oder ganz storniert wurden und für 2023 geplante Investitionen in Höhe von mindestens 500 Millionen Euro neu überdacht werden.
Auch der Ansatz, 90 Prozent aller Erlöse abzuschöpfen, die Anlagen durch eine flexible Fahrweise zusätzlich erzielen können, ist aus energiewirtschaftlicher Sicht völlig kontraproduktiv und unsinnig. Es sind jene Preisanreize, die die Verlagerung von Strom- und Wärmeerzeugung auf Stunden anreizen, in denen sonst Erdgasturbinen betrieben werden müssen. Jede flexibel eingespeiste Kilowattstunde senkt direkt den Bedarf an fossilen Alternativen und vor allem den Verbrauch von teurem Erdgas.
Wir hoffen nun auf einen konstruktiven Dialog, der sowohl die Energiekosten für die Verbraucher senkt, aber auch die erneuerbare Energieerzeugung durch eklatante Fehlanreize nicht gefährdet.“
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